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Die meisten Beschwerden treten bei einer Höhe um 3000 bis 4500 m auf, wobei die Aufstiegsgeschwindigkeit eine entscheidende Rolle spielt. Falls die Symptome länger als ein bis zwei Tage anhalten muss etwas unternommen werden (z.B. Abstieg, kein weiterer Aufstieg, Ruhetag), da ansonsten die ganze Unternehmung gefährdet wäre. Nach 3 Tagen sollten die Symptome eigentlich verschwunden sein. Wie schon weiter oben erwähnt, sollte die erste Reaktion des Organismus auf die Höhe eine gesteigerte Atmung sein. Bei Bergsteigern mit Akklimatisationsproblemen ist diese jedoch nicht so ausgeprägt, so dass es zu einer Untersättigung des Blutes mit Sauerstoff kommt. Kapillare und Membranen werden geschädigt und es kommt zum Ödem (diffuse Flüssigkeitsansammlung im Gewebe). Ein weiteres Merkmal für schlechte Höhenanpassung ist Harnverhalt, d.h. es wird weniger Urin pro Tag als normal (1,5 l) produziert. Man kann also auch anhand der Urinausscheidung den Grad seiner Akklimatisation einschätzen. Alle Symptome können einzeln oder in Kombinationen auftreten.
Schwere Symptome der AHK können immer noch am besten therapiert werden, indem man so schnell wie möglich 300 bis 500 m oder mehr absteigt!
Höhenlungenödem (HLÖ)Die häufigste echte Erkrankung in großer Höhe ist das Höhenlungenödem. Was ist nun ein Höhenlungenödem?
Die Therapie des Höhenlungenödems ist für einzelne Bergsteiger oder kleine Seilschaften nicht immer ganz einfach, da kleine Seilschaften kaum alle Hilfsmittel mitführen dürften. Deshalb muss man sagen, dass die wichtigste Handlung wiederum der sofortige Abstieg oder Abtransport um 500 Hm nach unten ist! Falls der Abtransport durch äußere Umstände verzögert wird, kann der Zustand durch Gabe von Sauerstoff etwas verbessert werden. Eine weitere Möglichkeit bietet die Behandlung mit dem Überdrucksack. Diese Möglichkeiten werden aber wahrscheinlich nur bei größeren Expeditionen oder kommerziellen Unternehmungen genutzt werden können. Es bietet sich noch die Therapie mit Medikamenten an (wie z.B. Nifedipin), jedoch verhindern diese nur die weitere Verschlechterung oder bewirken nur eine kurzzeitige Verbesserung. Diese Zeit muss dann unbedingt für den Abtransport nach unten genutzt werden.
Der Wiederaufstieg nach einem Höhenlungenödem kann nur bei bester Gesundheit erfolgen und wenn der Bergsteiger vollkommen ohne Symptome ist. Prophylaktisch kann Diamox (2 x 250mg/Tag bis zur Rückkehr) oder/und Nifedipin (3 x 20mg/Tag bis zur Rückkehr) genommen werden. Höhenhirnödem (HHÖ)
Ein Höhenhirnödem ist immer eine lebensbedrohende Erkrankung! Kann der Betroffene nicht sofort so weit wie möglich nach unten abtransportiert werden, endet sie häufig mit dem Tod des Bergsteigers. Die Diagnose ist nicht ganz einfach, da der Übergang von einer schweren AHK fließend ist. Allerdings tritt ein HHÖ eher selten in Höhen unter 5000 m auf, bei Expeditionen über 5000 m ist fast immer ein Arzt dabei und damit fachkundige Hilfe sichergestellt.
Die meisten Symptome verschwinden in tieferen Lagen innerhalb weniger Tage. Kopfschmerzen jedoch können auch länger anhalten und sind schwer behandelbar. Ein Wiederaufstieg kann bei völliger Beschwerdefreiheit nach ca. einer Woche erfolgen. Dabei sollte genau wie beim HLÖ Diamox als Prophylaxe eingenommen werden.
Das Wichtigste auch hier wieder: So schnell wie möglich und so tief wie möglich den Betroffenen abtransportieren! Periphere ÖdemePeriphere Ödeme finden sich zumeist an Fingern, Knöcheln und im Gesicht (Lid und Wangen). Sie sind Hinweis auf eine noch nicht ausreichende Akklimatisation und auf erhöhte Ödembereitschaft des Betroffenen. Eine direkte Therapie ist nicht möglich, man sollte nur zu straffe Rucksackriemen oder beengende Kleidung vermeiden, da dies die Symptome verschlechtert. Höhenbedingte NetzhautblutungHöhenbedingte Netzhautblutungen müssen nicht therapiert werden, sie verschwinden von selbst innerhalb einiger Wochen. Ursache sind wahrscheinlich kleinere Thrombosen der Gefäße und Drucksteigerungen im Gehirn. Chronische HöhenkrankheitDie chronische Höhenkrankheit betrifft Bergsteiger nicht, deshalb werde ich hier auch nicht näher darauf eingehen. Nur soviel: sie ist noch nicht restlos erforscht und betrifft fast nur die südamerikanische Andenbevölkerung. ErfrierungenBeim Bergsteigen in größeren Höhen liegen die Gründe für Erfrierungen im Verlust von Körperflüssigkeit. In erster Linie entsteht der Flüssigkeitsverlust durch die Hyperventilation, d.h. durch die verstärkte Atmung und die erhöhte Atemfrequenz. Körpereigenes Wasser wird verstärkt abgeatmet. Der Körper nimmt auch über die Atemluft keinen Wasserdampf auf, da in großen Höhen bei Temperaturen unter 0°C kein Wasserdampf in der Luft mehr vorhanden ist. Weitere Flüssigkeitsverluste entstehen durch Schwitzen. Außerdem scheint das Durstzentrum im Gehirn nicht mehr so gut zu funktionieren, so dass das Durstgefühl nicht genügend ausgeprägt ist und der Bergsteiger das Trinken vernachlässigt. Durch all diese Dinge steigt der Hämatokritwert des Blutes, d.h. der feste Blutbestandteil an Zellen im Vergleich zum Blutplasma erhöht sich. Dies bedeutet jedoch, dass sich die Viskosität (Fließeigenschaft) des Blutes verringert. Als Folge daraus werden kleinste Kapillare (in den Finger- oder Zehenspitzen) nicht mehr optimal mit Sauerstoff versorgt.
Der eigentliche Gefriervorgang funktioniert folgendermaßen: Der Körper schützt bei Kälte den Körperkern mit seinen lebenswichtigen Organen durch Verengung der peripheren Gefäße vor weiterer Auskühlung. Damit verringert sich das zirkulierende Blutvolumen in diesen Bereichen, es kommt zum Ödem und schließlich zur Auskristallisierung der Zellflüssigkeit. Diese Eiskristalle zerstören unwiderruflich die Zellstruktur.
Auf die Therapie von Erfrierungen möchte ich hier nicht weiter eingehen, da diese für den Laien und selbst für unerfahrene Ärzte nicht ganz einfach ist. Hier nur noch ein paar Hinweise was man bei Erfrierungen nicht tun sollte:
Einige Betrachtungen zur Taktik während der TourDie beste Vorbeugung gegen Höhenstörungen ist eine gute Vorbereitung und Akklimatisation. Um die Höhentauglichkeit festzustellen gibt es allerdings keine medizinische Voruntersuchung. Sicher ist nur, dass bei früheren Symptomen von Höhenstörungen die Möglichkeit erneut Probleme zu bekommen eher besteht. Geht man in sehr große Höhen, so sind Vorbereitungstouren in den Alpen über 4000 m sicher hilfreich für die Akklimatisation, wenn der Zeitraum zwischen den Höhenaufenthalten nicht zu groß ist. Während der Tour sollte man sich nicht unter Zeitdruck setzen. Oftmals werden zu wenige Reservetage für die Gipfelbesteigung eingeplant. Im Zusammenhang mit der Gruppendynamik kann dies zu Problemen führen. Der Gipfel muss in einer bestimmten Zeit erreicht werden und der Leistungsstärkere nimmt keine Rücksicht auf den Schwächeren. Der Schwächere wiederum versucht das Tempo mitzuhalten und überfordert sich dabei. Aus eigenem Erleben weis ich, dass damit die gesamte Tour gefährdet sein kann. Eine wichtige Rolle spielt die Regel "Go high, sleep down" für die Akklimatisation. Ab einer Höhe von etwa 2500 m treten seltener Höhenbeschwerden auf, wenn man nicht mehr als 400 m pro Tag aufsteigt. Das bedeutet, dass durchaus höher aufgestiegen werden kann, die Schlafhöhe jedoch nur 400 m höher liegen soll als am Vortag. Ist dies aus organisatorischen Gründen nicht einzuhalten, sollte ein Rasttag eingelegt werden. An Rasttagen bleibt die Schlafhöhe gleich. Der Körper hat Zeit, sich besser an die Höhe anzupassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man an solchen Rasttagen durchaus kleinere Aufstiege ohne Gepäck machen kann oder nur auf gleicher Höhe die Gegend etwas erkunden kann. Dies ist meist hilfreicher für die Akklimatisation als nur im Zelt zu liegen. Seine eigenen Körperreaktionen sollte man während der Tour gut beobachten. Zum Beispiel bedeutet dunkler Urin immer eine hohe Konzentration und damit zu geringe Flüssigkeitsaufnahme. Bei zu geringer Urinproduktion steigt die Gefahr von Höhenstörungen (AHK) deutlich an. Man muss es sich also zur Gewohnheit machen, so oft wie möglich zu trinken. Auch andere Reaktionen des Körpers sollten genau beobachtet werden, damit rechtzeitig auf beginnende Höhenstörungen reagiert werden kann. Zusammenfassend zur Taktik:
Medikamente als AkklimatisationshilfenMedikamente als Akklimatisationshilfe zu benutzen oder eventuelle Störungen damit zu behandeln sollte die Ausnahme bleiben. Jedes Medikament hat Nebenwirkungen. Die Symptome der verschiedenen Höhenstörungen können unterdrückt werden, so dass die Höhenstörung zu spät erkannt wird, was die Situation noch verschlimmert. Bei europäischen Bergsteigern ist die Einnahme von Medikamenten als Akklimatisationshilfe unter dem Gesichtspunkt "by fair means" auch nicht üblich. Bei bestimmten Situationen oder Vorerkrankungen kann aber eine medikamentöse Behandlung oder Prophylaxe unumgänglich sein. Diamox (Acetazolamid)Diamox ist ein entwässerndes Mittel und greift in die Funktion der Nieren ein. Dies hat Reaktionen des Atemzentrums zur Folge. Die Atemtiefe wird zugunsten der Atemfrequenz verbessert. Besonders während des Schlafs wirkt sich dies positiv aus, die Atemaussetzer bleiben aus und man atmet gleichmäßiger. Schlafstörungen bleiben so aus. Außerdem wird die Hirnwasserproduktion reduziert und damit der Hirndruck gesenkt, was wiederum die Kopfschmerzen mindert. Als wichtigste Nebenwirkung wäre der weitere Wasserverlust zu nennen. Von daher ist die Einnahme von Diamox in Höhen über 5200 m bedenklich. Trotzdem kann die Einnahme als Prophylaxe richtig sein:
DexamethasonDexamethason ist ein künstliches Kortisonpräparat und das wichtigste Medikament zur Behandlung des Höhenhirnödems. Es hat stark abschwellende Wirkung und bekämpft somit alle Symptome der Höhenstörungen. Das Präparat hat aber auch starke Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden, Diabetes, Wundheilungsstörungen. Wegen dieser Nebenwirkungen ist eine prophylaktische Einnahme von Dexamethason nicht ratsam. Die Nebenwirkungen sind allerdings wegen der akuten Lebensgefahr bei einem Höhenhirnödem zu vernachlässigen. In dem Falle muss sofort eine Injektion mit Fortecortin 100 mg intravenös erfolgen. Der Laie kann die Spritze auch intramuskulär geben. NifedipinNifedipin wird zur Behandlung von Herzkrankheiten verwendet. Es senkt den Blutdruck, der bei AHK und HLÖ immer erhöht ist. Zur Prophylaxe kann man das Mittel 24 Stunden vor dem Aufstieg in einer Dosis von 3 x 20 mg bis zur Rückkehr nehmen. Dies empfiehlt sich jedoch nur, wenn der Bergsteiger schon früher Probleme bei Höhenaufenthalten oder gar schon ein Höhenlungenödem hatte. Nochmals: Vorsicht, das Mittel ist stark blutdrucksenkend! Zu den obigen Ausführungen möchte ich hier noch folgendes sagen: Ich bin kein Arzt oder Wissenschaftler, der sich mit Höhenmedizin beschäftigt! Für die Richtigkeit aller oben gemachten Angaben kann ich deswegen keine Gewähr übernehmen! Alles, was Ihr hier nachlesen könnt, habe ich mir aus Fachliteratur zur Höhenmedizin oder alpinen Publikationen des Deutschen Alpenvereins selbst angelesen. Zum Teil sind es auch eigene Erfahrungen. Dieser Beitrag ersetzt selbstverständlich nicht den Gang zum Arzt vor einer Unternehmung in den Bergen. Jeder hat schließlich andere konstitutionelle Voraussetzungen und eine andere Krankenvorgeschichte. Deshalb rate ich hier dringend, sich vorher bei einem Höhenmediziner (das kann ein Sportarzt sein) zu informieren. Bei kommerziellen Unternehmungen bekommt man auch erste medizinische Hinweise vom Veranstalter.
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